Der neue Kaufmannsbegriff

Künftig ist jeder Gewerbetreibende ohne Rücksicht darauf, in welcher Branche er tätig ist, Kaufmann und zur Eintragung ins Handelsregister verpflichtet, wenn sein Unternehmen einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. In Zukunft gibt es neben den (Voll-)Kaufleuten nur noch Kleingewerbetreibende.

§ 1 Abs. 2 HGB neu:

"Handelsgewerbe ist jeder Gewerbetrieb, es sei denn, daß das Unternehmen nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert."

Kleingewerbetreibende sind nach dieser Darstellung Nichtkaufleute, das heißt, sie sind nicht zur Eintragung ins Handelsregister verpflichtet, aber auch sie könnten es – dazu später. Umgekehrt können Betriebe kraft dieser gesetzlichen Vermutung bereits Kaufleute sein, ohne daß es – wie früher - auf die tatsächliche Eintragung ankommt. Von dieser Änderung sind viele Handwerksbetriebe betroffen, die bisher erst mit der tatsächlichen Eintragung ins Handelsregister den strengeren Regeln des HGB und verschiedenen Sonderregelungen in der Zivilprozeßordnung oder in anderen Gesetzen unterlagen. (z.B. AGB-Gesetz, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, Abzahlungsgesetz, HGB selbst: siehe unten Rechtsfolgen).

Ein nicht ins Handelsregister eingetragener selbständiger Handwerker, der sich gegenüber Vertragspartnern im Rechtsverkehr darauf beruft, einen kaufmännischen Geschäftsbetrieb nicht zu benötigen und damit nicht den Regelungen des HGB und den Sonderregelungen für (Voll-)Kaufleute in anderen Gesetzen zu unterliegen, trägt künftig dafür die Darlegungs- und Beweislast. Das bedeutet, daß er beweisen muß, daß er nicht Kaufmann nach obiger Definition ist : Erfordernis eines kaufmännisch eingerichteten Gewerbebetriebs.

Problematisch, da die bisher bekannte Rechtsprechung sehr uneinheitlich ist und es sich immer um Einzelentscheidungen handelte, wird es bei der Bewertung der Kriterien dafür, wann ein kaufmännischer Geschäftsbetrieb vorliegt. Dies wird immer dann der Fall sein, wenn zwei der Kriterien "Umsatz", "Anlagevermögen" oder "Beschäftigtenzahl" zusammen eine bestimmte Größenordnung überschreiten, z.B. 500.000 DM Jahresumsatz und mehr als 10 Beschäftige, oder wenn unabhängig davon ein gemischt-gewerblicher Betrieb geführt wird (Handel und Handwerk), bei dem trotz geringer Umsatz- oder Beschäftigtenzahl aufgrund von Vielfalt der Erzeugnisse und Leistungen eine kaufmännische Einrichtung für erforderlich gehalten wird.

Insgesamt läßt sich der Rechtsprechung die Tendenz entnehmen, daß trotz hoher Umsätze sehr einfach strukturierte Unternehmen mit überschaubaren Geschäftsbeziehungen nicht als Vollkaufleute einzustufen sind und wie jeder normale Bürger behandelt werden.

Kaufmann auf Antrag

Andererseits gilt für Kleingewerbetreibende nach dem neuen Recht, daß sie sich freiwillig ins Handelsregister eintragen lassen können und damit zum Kaufmann im handelsrechtlichen Sinn werden können.

Einzelkaufleute erhalten den Rechtsformzusatz e.K./.e.Kfr./e Kfm. für "eingetragene/r Kauffrau/Kaufmann" und können auch einen Firmennamen verwenden.

Eine GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder auch BGB-Gesellschaft genannt) wird mit Eintragung ins Handelsregister automatisch zur OHG.

Auf Antrag können sie auch wieder aus dem Handelsregister gelöscht werden und werden wieder zu Kleingewerbetreibenden bzw. zur GbR (dann ohne Firmierungsberechtigung), wenn ihr Betrieb nicht zwischenzeitlich doch eine kaufmännische Einrichtung erfordert.

Rechtsfolgen

Und dies sind die Konsequenzen:

So verlangt das HGB beim Handelskauf die sofortige Untersuchung und Rüge von Mängeln. Andernfalls droht der Verlust der Gewährleistung (§ 377 HGB). Ein Nichtkaufmann hat für seine Reklamation in der Regel eine Gewährleistungszeit von mindestens sechs Monaten.

Bei der Verwendung von allgemeinen Geschäftsbedingungen durch einen Vertragspartner reicht gegenüber einem Vollkaufmann zur Gültigkeit der schlichte Hinweis aus (§ 24 Abs. 1 Nr.1,2 AGBG). Ein Nichtkaufmann muß besonders auf die Gültigkeit hingewiesen werden und kann sich im Zweifelsfall darauf berufen, daß er keine Möglichkeit zur zumutbaren Kenntnisnahme hatte.

Vollkaufleute können untereinander fast alle Verträge mündlich aushandeln. Im Bestätigungsschreiben des Vertragspartners reicht die Bezugnahme auf das Verhandlungsgespräch, wenn nicht der Kaufmann ausdrücklich widerspricht. Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben wird – und nur unter Kaufleuten – als Zustimmung interpretiert. Auch Bürgschaften, Schuldanerkenntnisse oder Schuldversprechen können formlos eingegangen werden (§ 350 HGB). Die im BGB vorgesehene Schriftform, die eine Schutz- und Warnfunktion hat, entfällt. Eine vom Kaufmann zu erbringende überhöhte Vertragsstrafe kann nicht durch ein Gericht herabgesetzt werden. Bei Bürgschaften kann sich der Kaufmann als Bürge nicht auf die Einrede der Vorausklage berufen. Bei Verzug betragen die gesetzlichen Verzugszinsen unter Kaufleuten mindestens 5%. Außerdem kann ein Kaufmann seine vertragliche Leistung gegenüber einem anderen Kaufmann vorübergehend zurückhalten, solange dieser seinen Verpflichtungen aus einem anderen Vertragsverhältnis nicht nachgekommen ist. Im Gegensatz zu Nichtkaufleuten muß zwischen den beiden Leistungen kein innerer Zusammenhang bestehen, d.h. der eine muß so lange nicht liefern bis der andere eine frühere Leistung nicht bezahlt hat.

Allgemeine Geschäftsbedingungen oder Verträge enthalten häufig Gerichtsstandvereinbarungen, nach denen für sämtliche Klagen aus dem Vertrag das Gericht am Sitz des Vertragspartners zuständig ist, auch wenn nach dem gesetzlichen Gerichtsstand am Sitz des Kaufmanns zu klagen wäre. Die Folge sind lange Anreisewege und der damit verbundene Zeitverlust oder die Beauftragung eines vor Ort zugelassenen zusätzlichen Rechtsanwaltes neben dem Hausanwalt. Derartige Gerichtsstandvereinbarungen sind nur dann wirksam, wenn beide Parteien Kaufleute sind (§ 38 Abs. 1 ZPO). Gegenüber einem Nichtkaufmann sind solche Klauseln unwirksam.

Für Kaufleute gelten verschiedene Verbraucherschutzvorschriften, wie etwa das Haustürgeschäftwiderrufs- und das Verbraucherkreditgesetz, die dem Kunden in der ersten Woche nach dem Vertragsschluß eine Widerrufsmöglichkeit einräumen, nicht.

Firmenrecht (Firmierung)

Die Firma ist der Name eines Kaufmanns, unter dem er seine Geschäfte betreibt und die Unterschrift abgibt. Ein Kaufmann kann neben seinem bürgerlichen Namen auch unter seiner Firma klagen und verklagt werden. Berechtigt eine Firma zu führen sind nur diejenigen, die im Handelsregister eingetragen sind.

Wie bisher ist die GbR und sind die nicht ins Handelsregister eingetragenen einzelnen Kleingewerbetreibenden nicht berechtigt, eine Firma zu führen.

Sie müssen im Geschäftsverkehr mit ihrem Familiennamen und einem Vornamen bzw. den Namen aller Gesellschafter auftreten.

Nach dem neuen Firmenrecht wird den bisherigen Einzel-Vollkaufleuten und Personenhandelsgesellschaften erlaubt, eine freie Namensgebung (Phantasiename oder reine Sachfirma) durchzuführen. Früher mußte bei der KG, der AG und der GmbH bei einer Sachfirma der Name dem Unternehmensgegenstand entlehnt sein. Dies führte immer wieder zu Problemen bei Gesellschafterwechsel oder bei Erwerb des Geschäfts von einem Vorgänger, dessen Namen man verwenden wollte.

Mit dem neuen Firmenrecht kann nun jeder ins Handelsregister eingetragene, egal ob Einzelkaufmann, Personenhandelsgesellschaft, Personengesellschaft oder Kapitalgesellschaft frei firmieren. Allerdings muß die Firma drei Funktionen erfüllen:

Unterscheidungskraft und Kennzeichnungswirkung

Ersichtlichkeit der Gesellschaftsverhältnisse

Offenlegung der Haftungsverhältnisse

Außerdem darf nach § 18 Abs. 2 HGB die Firma keine Angaben enthalten, die geeignet sind, über geschäftliche Verhältnisse, die für die angesprochenen Verkehrskreise wesentlich sind, irrezuführen. Im Verfahren vor dem Registergericht wird die Eignung zur Irreführung nur berücksichtigt, wenn sie ersichtlich ist.

Neue Formalien bei den Geschäftsbriefen

Im Handelsregister eingetragene Kaufleute, OHG, KG müssen in Zukunft – wie schon bisher die GmbH und die AG – auf allen Geschäftsbriefen, Rechnungen, Aufträgen usw. folgende Angaben machen:

vollständige Firma, einschließlich Rechtsformzusatz (e.K./e.Kfr./e.Kfm. für eingetragene/r Kauffrau/Kaufmann, OHG, KG usw.)

Ort und Straße des Unternehmenssitzes

Zuständiges Registergericht sowie

Handelsregisternummer

Firmen, die vor dem 1.7.1998 ins Handelsregister eingetragen wurden, dürfen ihre Firma noch bis zum 31.3.2003 unverändert fortführen, wenn sie zwar nach neuem Recht zu ändern sind, nach altem Recht jedoch zulässig waren.

Alte Geschäftsbriefe, Rechnungen u.ä. können bis Ende 1999 noch aufgebraucht werden.

Das Führen des Zusatzes "eingetragener Kaufmann" oder der entsprechenden Abkürzungen ist bei Altfirmen nicht zur Eintragung ins Handelsregister anzumelden.

Ausgewählte Änderungen im Handelsregisterverfahren

Einschränkung der freien Sitzwahl bei der GmbH

Im Interesse des Gläubigerschutzes wurde die freie Sitzwahl der GmbH dahingehend eingeschränkt, daß als Sitz der Gesellschaft derjenige Ort zu bestimmen ist, an dem die Gesellschaft einen Betrieb hat oder an dem sich die Geschäftsleitung befindet oder die Verwaltung geführt wird.

Einreichung der aktuellen Geschäftsanschrift

Einzelkaufleute und Handelsgesellschaften sollen künftig verpflichtet werden, dem Registergericht bei der Anmeldung zur Eintragung die aktuelle Lage der Geschäftsräume und später auch jede Änderung der Geschäftsanschrift mitzuteilen. Bislang war nur die Angabe des Ortes verpflichtend, die Angabe der Anschrift konnte auf freiwilliger Basis erfolgen.

 

 

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