Kompromiss am 16.07.2008

Mindestlohn ist juristisch eine zweifelhafte Regelung im "Entsendegesetz" und im "Mindestarbeitsbedingungengesetz", denn hier werden staatliche Eingriffe in wirt-schaftliche Prozesse festgelegt, die im Widerspruch zur grundgesetzliche geschützten Tarifautonomie stehen. Hier der Text 1952 - und danach nie angewandten - Gesetzes zu den Mindestbedingungen und in synopse zur geplanten Regelung 2008. Auch das Entsendegesetz, das die Einbeziehung einzelner Branchen vorsieht,  ist betroffen. Die Bundesregierung hatte in Koalitionsregelungen die Verabschiedung beschlossen, war sich aber über viele Details uneinig - bis zum 16.07.2008.

Das Berliner Handwerk hat sich mehrheitlich für den Mindestlohn in einer Umfrage ausgesprochen. Gegen die Einbeziehung - im Gegensatz zum Elektrohandwerk - in die Regelungen des Entsendegesetzes hat sich das Metallhandwerk in Deutschland ausgesprochen.

Bisher also galten die Regelungen für das Berlin-Brandenburger Metallhandwerk nicht. Was ist nun neu?

Geregelt ist, unter welchen Bedingungen Branchen in die Entsenderegelungen ein-bezogen werden können - auch gegen den Willen der Spitzenorganisationen und dort wo keine Tarifverträge Bedingungen regeln (bzw. von Regelungen nur wenige Arbeitnehmer geschützt sind) soll das Mindestarbeitsbedingungen-Gesetz wirken. Vorrang aber sollen geschlossene Tarifverträge behalten.
Hier nun liegt der Kompromiss.
Nach den bekannt gewordenen Gesetzentwürfen ist von folgenden Regelungen aus-zugehen: Auf Grundlage des Gesetzes soll die Regierung künftig per Verordnung Mindestlöhne in Wirtschaftszweigen festlegen können, in denen weniger als 50 Pro-zent der Arbeitnehmer nach Tarif bezahlt werden. Weiter soll die jeweilige Verordnung zeitlich befristet werden. Damit könnte eine neue Regierung den Mindestlohn praktisch wieder aufheben. Im Hinblick auf das Mindestarbeitbedinungengesetz haben Tarifverträge weiter Vorrang vor einem staatlich festgesetzten Mindestlohn. Am Stichtag 16. Juli 2008 bestehende Tarifverträge im Geltungsbereich des Mindestar-beitsbedingungengesetzes werden auch durch einen Mindestlohn nicht verdrängt. Anders als im ursprünglichen Entwurf vorgesehen können die Tarifparteien diese Tarifabkommen unberührt vom Mindestlohn auch verlängern. Auch im Falle des be-stehend von mehr als einem einschlägigen Tarifvertrag (z.B. bei verschiedenen Ge-werkschaften abgeschlossenen Lohntarifen) soll nicht der „teurere“ automatisch zur Anwendung gelangen.

Es ist davon auszugehen, daß die Tarifverträge des Metallhandwerks in Berlin-Brandenburg (mit der IG Metall - als einzigem Partner) zwar weniger als 50 % der Betriebe (lt. Eintragungen in der Kammer) betreffen – jedoch mehr als 50% der Ar-beitnehmer in dem Doppel-Bundesland, da die beschäftigungsreichen Betriebe auch Innungsmitglied sind und damit an sich kein Platz für staatliche Regelungen zu Min-destbedingungen bleibt. Grund hierfür ist die bereits bestehende Allgemeinverbind-lichkeit, so dass eine weitere, auf diesem Gesetz basierende Allgemeinverbindlichkeit für die aktuelle Entgelthöhe nur ergänzend wirkt. Da die Allgemeinverbindlicherklärung irgendeines festzusetzenden Entgeltes nicht die tarifliche Regelung verdränden darf, kann diese nur der tariflichen Regelung folgen. 

Allein das Entsendegesetz kann im Falle der staatlichen Festlegung der Branchen zu einer zusätzlichen Bindung führen. Dies regelt dann eine entsprechende Verordnung mit der erst frühestens im Spätherbst und dann erst für das Folgejahr zu rechnen ist.

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