Bürgenhaftung des Generalunternehmers für Bau-Mindestlohn nach § 1a AEntG ist verfassungsgemäß

§ 1a AEntG, wonach Bauunternehmen, die Subunternehmer einschalten, wie Bürgen für die tariflichen Mindestlohnansprüche der bei den Subunternehmern beschäftigten Arbeitnehmer haften, ist verfassungsgemäß. Die Vorschrift beeinträchtigt zwar die durch Art. 12 Abs.1 GG geschützte unternehmerische Betätigungsfreiheit der Bauunternehmen. Der Eingriff ist aber durch überragend wichtige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt, da die Bürgenhaftung der Bekämpfung von Lohndumping und Arbeitslosigkeit dient.

Der Sachverhalt:Die Beschwerdeführerin ist ein deutsches Bauunternehmen. Sie beauftragte für ein Bauvorhaben in Berlin ein portugiesisches Unternehmen mit der Durchführung von Beton- und Stahlbetonarbeiten.

Ein Arbeitnehmer des portugiesischen Bauunternehmens nahm die Beschwerdeführerin unter Berufung auf § 1a AEntG auf Zahlung der Differenz zwischen dem Lohn, den er von seinem Arbeitgeber erhalten hatte, und dem in Deutschland geltenden Mindestlohn in Anspruch. ArbG und LAG gaben der Klage statt. Das BAG setzte das Verfahren zunächst aus und legte dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vor, ob die Bürgenhaftung gemäß § 1a AEntG mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sei. Nachdem der EuGH dies bejaht hatte, bestätigte das BAG das stattgebende Urteil des LAG.

Mit seiner daraufhin eingelegten Verfassungsbeschwerde machte der Beschwerdeführer geltend, dass er durch Bürgenhaftung in seinem Grundrecht aus Art. 12 Abs.1 GG verletzt werde. Die Bürgenhaftung sei nicht dazu geeignet, Arbeitslosigkeit und Lohndumping zu bekämpfen. Denn hierdurch werde der Druck von den Subunternehmern genommen, die zwingenden Arbeitsbedingungen einzuhalten. Außerdem habe der Gesetzgeber den Generalunternehmern kein Instrumentarium an die Hand gegeben, mit dessen Hilfe sie die Einhaltung der zwingenden Arbeitsbedingungen durch die Subunternehmer durchsetzen könnten.

Das BVerfG nahm die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an.

Die Gründe:
Der Beschwerdeführer wird durch die Bürgenhaftung gemäß § 1a AEntG nicht in seinen Grundrechten verletzt. Die Vorschrift ist verfassungsgemäß. Sie verfolgt den legitimen Zweck, den Mindestlohnanspruch bis auf die unterste Ebene der Subunternehmer durchzusetzen und so dem Verdrängungswettbewerb über die Lohnkosten entgegenzuwirken, dem besonders kleine und mittlere Betriebe nicht standhalten können. Hierdurch wird mittelbar die Arbeitslosigkeit im deutschen Bausektor bekämpft.

 

BVerfG 20.3.2007, 1 BvR 1047/05

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