Wirksamkeit einer einzelvertraglich vereinbarten Ausschlussfrist: Richterliche Kontrolle nur bei AGB


Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat - zum Teil unter Aufgabe seiner früheren Recht-sprechung - die Reichweite der richterlichen Kontrolle von arbeitsvertraglichen Klau-seln weiter präzisiert und dabei auch erstmals die Verbrauchereigenschaft von Ar-beitnehmern bejaht.
Was bedeutet das? Grundsätzlich sind Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) nur der Kontrolle der Richter und des Gesetzes (BGB) unterworfen, wenn Klauseln nicht individell vereinbart sind, sondern generell auf Verträge einer Seite wiederholt zur Anwendung kommen und das Verhältnis Unternehmen-Verbraucher anzunehmen ist.
Im konkreten Fall stand eine Ausschlussklausel in Streit. Im Arbeitsvertrag der Kläge-rin, einer Rechtsanwaltsfachangestellten, war bestimmt, dass sämtliche Ansprüche aus dem Angestelltenverhältnis zunächst binnen einer Frist von sechs Wochen seit ihrer Fälligkeit schriftlich geltend zu machen und sodann - im Falle der Ablehnung durch die Gegenpartei - binnen einer Frist von weiteren vier Wochen einzuklagen waren.
Die Klägerin war vom 2002 drei Wochen arbeitsunfähig krank. Ihren Entgeltfortzah-lungsanspruch machte sie innerhalb der sechswöchigen Frist geltend. Nachdem der beklagte Rechtsanwalt die Zahlung abgelehnt hatte, erhob die Klägerin allerdings erst ein Jahr später Zahlungsklage. Die Vorinstanzen gaben der Klage statt. Das BAG hat den Rechtsstreit nun zur weiteren Sachverhaltsaufklärung an das LAG zu-rückverwiesen. Dabei hat es den rechtlichen Rahmen wie folgt definiert:
Der Verfall des Anspruchs – wie in der Klausel vorgesehen - hänge davon ab, ob Allgemeine Geschäftsbedingungen (nach § 305 BGB) vorlägen. Voraussetzung dafür sei, dass es sich bei der streitigen Bestimmung der Ausschlussfrist nicht um eine im Einzelnen zwischen den Parteien ausgehandelte Klausel gehandelt habe. Für solche individuell ausgehandelten Klauseln komme eine richterliche Inhaltskontrolle am Maßstab von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht in Betracht.


Hinweis: Damit rückt das BAG von seiner bisherigen Rechtsprechung ab. Noch vor einem Jahr hatte ein Senat des BAG eine auf § 242 BGB gegründete richterliche Vertragskontrolle für Individualabreden in nicht vorformulierten Verträgen ausdrücklich bejaht.

 
Weiter heißt es: Lägen vorformulierte Allgemeine Geschäftsbedingungen vor, so sei-en zweistufige Ausschlussfristen - also solche, die, wie im vorliegenden Fall, nach einer formlosen oder schriftlichen Geltendmachung des Anspruchs zusätzlich die gerichtliche Geltendmachung innerhalb bestimmter Fristen erforderten - nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Der Senat hält aber für die zweite Stufe eine Mindestfrist von drei Monaten für geboten (entsprechend § 61 b ArbGG). Gleiches gelte, falls die vorformulierte Ausschlussfrist nur zur einmaligen Verwendung bestimmt gewesen sei, sofern die Klägerin aufgrund der Vorformulierung keinen Einfluss habe nehmen können: dann liege ein Verbrauchervertrag vor (§ 310 Abs. 3 BGB). Die zu kurz bemessene Klagefrist sei in diesen Fällen unwirksam - mit der Folge, dass eine Klage zum Erhalt des Anspruchs überhaupt nicht zu erheben war.


Hinweis: Im Metallhandwerk Berlin-Brandenburg liegt ein Tarifvertrag vor, der eine zweistufige Ausschlussfrist vorsieht. Eine richterliche Kontrolle nach BGB ist im Hinblick auf den bindenden Charakter des Tarifvertrages nicht zu erwarten.

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