Nicht ganz unerwartet beschloß die Bundesregierung am 28.5.2003 die "Lockerung" des Kündungsschutzes - jetzt im September liegt die geplante Änderung des Kündigungsschutzgesetzes (und anderer Gesetze) vor.
Kündigungsschutz genießen alle Mitarbeiter in Betrieben mit mehr als fünf Mitarbeitern in den Fällen, in denen der Mitarbeiter länger als sechs Monate beschäftigt ist. Hier können Kündigungen nur in wenigen Ausnahmefällen ausgesprochen werden - sie müssen sozial gerechtfertigt sein. Die CDU hatte seinerzeit eine Lockerung dahingehend vorgenommen, daß die Zahl 10 statt 5 an Mitarbeiterzahl die Schwelle darstellten und eine größere Zahl von Kleinbetrieben nicht der Fessel des Kündigungsschutzes unterworfen waren. Dies änderte die derzeitige Regierung sofort bei Amtsübernahme.
In dem jetzt bekannten Text des Gesetzentwurfes heißt es, daß Betriebe, die nicht mehr als 5 Mitarbeiter haben und einen oder mehrere neue Mitarbeiter zusätzlich auf Zeit einstellen, nicht über die genannte Schwelle kommen und damit weiter nicht dem Kündigungsschutz unterliegen. Dies soll ein Anreiz sein, verstärkt einzustellen. Bisher - und in Zukunft - reicht eine Teilzeitkraft, ja selbst eine Personalreserve oder auch der nicht besetzte Arbeitsplatz der Schwangeren bzw. des Soldaten nach dem Arbeitsplatzschutzgesetz.... aber ab 1.1.2004 eben nicht mehr der auf Zeit, befristet eingestellte Mitarbeiter.
Auf Zeit - also befristet - können die Betriebe nach dem TzBfG nur 1 x pro Arbeitnehmer, jedoch auf einen Zeitrahmen von 2 Jahren und in dieser Zeit bis zu 3 mal. Neu: Der Rahmen wird ab 1.1.2004 verdoppelt - auf 4 Jahre befristen darf der Betrieb, der neu eröffnet, also der Marktnewcomer. Falle: Verpasst ein "normaler" Unternehmer die Verlängerung der Befristung kann er keinen seiner Arbeitnehmer mehr kündigen.... und behalten kann er auch den guten Mann nicht.
Also nur wenig Flexibilität.
Neu und schädlich wäre eine Regelung, wonach der Arbeitnehmer die Auswahl hätte, statt der Kündigungsschutzklage gleich eine Abfindung zu bekommen, so daß letztlich jede Kündigung entgeltlich wäre und die Höhe - 1/2 Brutto pro Beschäftigungsjahr netto - das Minimum wäre.
So ist es aber nicht !
Das Gesetz sieht folgendes vor:
Der Arbeitgeber kann mit der Kündigung ein Angebot machen, wenn der Arbeitnehmer nicht klagt gegen die Kündigung, dann bekommt er 0,5 Monatsverdienste für jedes Jahr des Bestehens (mehr als 6 Monate = 1 Jahr) eien Abfindung. Also drei Voraussetzungen:
Kündigung wegen dringender betrieblicher Erfordernisse
Entsprechender Hinweis des Arbeitgebers (Kündigungsgrund und Abfindung)
Verstreichenlassen der Klagefrist von drei Wochen ab Kündigungszugang
Umgekehrt bedeutet das, daß der Arbeitgeber nach wie vor kündigt - ohne Angebot auf Abfindung - und damit meint, daß seine Kündigung sozial gerechtfertigt ist. Im Wege der Klage kann dies der Arbeitnehmer weiter gerichtlich überprüfen lassen und dort ggf. eine Abfindung herausholen.
Also alles beim alten. Anzuwarten ist, ob die Festlegung von 0,5 Monatsverdiensten in Zukunft das Minimum bestimmt und in Prozessen ein Unterschreiten dieser Höhe - wie es bisher gerade im Baubereich üblich geworden ist - noch möglich ist.
Neu und sinnvoll ist die "alte" Konkretisierung der sozialen Gesichtspunkte durch
Dauer der Betriebszugehörigkeit
Lebensalter
Unterhaltspflichten des Arbeitnehmers
Umgekehrt sind damit der Verdienst des Ehepartners des gekündigten Arbeitnehmers oder andere Erwägungen als soziale Gesichtspunkte irrelevant.
Neu ist die Auswahl in drei Schritten:
Zusammenstellung der vergleichbaren Arbeitnehmer
Ausscheiden aus diesem Kreis von Arbeitnehmern, wegen besonderer Kenntnisse, besonderer Fähigkeiten und besonderer Leistungen
Soziale Auswahl unter diesen verbliebenen Arbeitnehmern nach obigen neuen Parametern
Neu ist auch noch der Begriff "ausgewogene" Personalstruktur, die erhalten - nicht geschaffen - werden soll, die als berechtigtes Interesse des Betriebes die soziale Auswahl rechtfertigt.
Zusammenfassung
Der große Wurf der Erleichterung von Kündigungen ist es nicht - aber eben auch nicht eine Erschwerung oder Verteuerung. Vielmehr dient die Regelung der Klarheit und eröffnet sinnvolle Möglichkeiten - jedoch frei von wirtschaftlichen oder beschäftigungspolitischen Anstößen und positiven Auswirkungen.